Budgetmisere – Kunst- und Kulturbudget unter der Lupe: In seiner mit Spannung erwarteten Budgetrede hat Finanzminister Markus Marterbauer diese Woche ein gesamtstaatliches Defizit 2024 von 22,5 Milliarden Euro bzw. 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung verkündet. Nun werden solidarisch alle Ministerien zur Kassa gebeten, um die Misere in Ordnung zu bringen. Beim Kulturbudget müssten Kürzungen in der Höhe von 38,1 Millionen Euro vorgenommen werden. Während das Bauprojekt der Salzburger Festspiele, dessen Finanzierung Stadt und Land Salzburg mit dem Bund vertraglich fixiert haben, nicht betroffen ist, heißt es für die geplanten Besucherzentren der Bundesmuseen KHM, Naturhistorisches Museum und Belvedere: Bitte warten! Die Vorbereitung dieser Projekte, die etwa auch barrierefreien Zugang ermöglichen sollen, müssen die Institutionen ohne Unterstützung aus dem eigenen Budget stemmen. Auch der geplante Umzug des "Haus der Geschichte Österreich" ins Wiener MuseumsQuartier ist vorerst vertagt, der für Kultur zuständige Vizekanzler Andreas Babler will das Projekt nach Interventionen einer 55-köpfigen Historikergilde noch einmal evaluieren. Von Kahlschlag und vom "Totengräber Andreas Babler" spricht die österreichische Filmindustrie, der im kommenden Jahr 22 Millionen Euro von der Kino- Koproduktionsförderung ÖFI+ gestrichen werden sollen. Für diese hat die Branche zehn Jahre lang gekämpft. Von "gravierenden Auswirkungen auf den österreichischen Kinofilm und den Standort Österreich" spricht Alexander Dumreicher-Ivanceanu angesichts der Förderkürzungen. Der Obmann des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft in der Wirtschaftskammer unterstreicht, dass zusätzliche Mittel für heuer Jahr notwendig seien, um nicht alle Kinoproduktionen zu gefährden, die bereits über eine Grundfinanzierung verfügen. Drehstopps, Verschiebung von Projekten, steigende Arbeitslosigkeit und eine massive Reduktion der Kinofilme für das heimische Publikum werden befürchtet. Wie und vor allem wer von den zusätzlichen zehn Millionen, die quer durch alle Bereiche eingespart werden sollen, betroffen sein wird, ist zur Stunde offen. Der "kulturMontag" hat sich in der Kulturbranche umgehört. Internationale Filmfestspiele von Cannes: Trumps Zolldrohungen als dunkle Wolken über dem Festival: Bei der Internationalisierung des Filmgeschäfts ist wohl kaum mehr zwischen ausländischen und heimischen Produktionen zu unterscheiden. Das sieht man nirgendwo besser als bei den kürzlich gestarteten 78. Internationalen Filmfestspielen von Cannes. US-Präsident Donald Trumps Ankündigung, "nichtamerikanische" Filme mit einem hundertprozentigen Zoll belegen zu wollen, wurde von Hollywood- Urgestein Robert De Niro, der an der Croisette gerade mit der Ehrenpalme für sein Lebenswerk preisgekrönt wurde, scharf kritisiert. Der 82-jährige zweifache Oscar-Preisträger bezeichnete Trump in seiner Dankesrede als Banause, als philisterhaften Präsidenten, der sich selbst zum Leiter von wichtigsten US-amerikanischen Kultureinrichtungen ernannt hat. Die Debatten sind umso intensiver, da unklar ist, welche Art von Filmen mit Trumps Formulierung "foreign movies" eigentlich gemeint sind. Wie etwa sollte der letzte "Mission Impossible"-Teil "The Final Reckoning" von Tom Cruise bewertet werden, der außer Konkurrenz in Cannes Weltpremiere feiert? Wurde doch der Actionfilm in Südafrika, London, in der Adria zwischen Italien und Kroatien, Malta, Norwegen und in der Arktis gedreht. Im Wettbewerb selbst rittern internationale Koryphäen um die begehrte Goldene Palme. Für die größte Star-Ansammlung wird wie gewohnt Wes Anderson sorgen, der mit der Krimikomödie "The Phoenician Scheme" seinen neuesten Ensemble-Film mit Scarlett Johansson, Benicio del Toro und Tom Hanks in Cannes präsentiert. Den französischsten Film dieses Cannes-Jahrgangs dürfte aber der US-Amerikaner Richard Linklater mit "Nouvelle Vague" beisteuern, der von den Dreharbeiten zum Klassiker "Außer Atem" von Jean-Luc Godard handelt. Neu an der Croisette ist die Berliner Filmemacherin Mascha Schilinski, die es mit ihrem Frauen-Generationenporträt "In die Sonne schauen" als einzige Deutsche in den Wettbewerb geschafft hat. Darin ist mit der Wiener Schauspielerin Susanne Wuest auch eine österreichische Schauspielerin zu sehen. Wiener Festwochen: Milo Raus Inszenierung von Elfriede Jelineks bitterböser Satire "Burgtheater": 40 Jahre lang hatte Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek die Aufführungsrechte ihres Stücks "Burgtheater" gesperrt. 40 Jahre später findet die "Posse mit Gesang" nun doch noch ihren Weg an die Wiener Burg. Das Werk über die NS-Verstrickungen von Hitlers Lieblingstheater musste 1985 für seine Uraufführung ins weit entfernte Bonn ausweichen und wurde noch nie auf der Bühne gezeigt, um die es geht. Die Biografien und Lebensumstände der Schauspieler- Dynastie von Paula Wessely, ihrem Mann Attila Hörbiger und seinem Bruder Paul sind der Ausgangspunkt des sprach- und ideologiekritischen Textes. Nicht die historischen Personen stehen im Vordergrund, sondern ein Sumpf aus Liebe, Patriotismus und Deutschtümelei, der nach dem Krieg nie richtig trockengelegt worden ist, war Jelineks Material, das sie zu einer Art Kunstsprache zusammengefügt hat. Ihre Intention: zu zeigen, wie wenig sich die Propagandasprache der Blut-und-Boden-Mythologie in der NS-Kunst vom Kitsch der Heimatfilmsprache der 1950er Jahre, einer Zeit der Restauration, unterscheidet. Für Wiener-Festwochen-Intendant Milo Rau, der sich exklusiv die Rechte sichern konnte, liefert diese Erzählung nur den Ausgangspunkt. Der Schweizer Regisseur nimmt die österreichische Gesellschaft in den Blick: Wie steht es um deren Verhältnis zu Faschismus und Mitläufertum? Und welche Rolle spielt dabei das (Burg-)Theater? Mit Spannung wird die mit Caroline Peters, Mavie Hörbiger und Birgit Minichmayr hochkarätig besetzte Inszenierung erwartet.